Vielleicht kennst du dieses Gefühl: Dein Kind ist so weit in seinem Denken, so wach, so intensiv – und gleichzeitig scheint es an Dingen zu scheitern, die „eigentlich“ leicht sein sollten. Diese Spannung zwischen „wow“ und „warum klappt das nicht?“ ist kein Widerspruch. Genau das macht dein Kind zu etwas Besonderem. Und genau das macht den Alltag manchmal so anstrengend. Viele Eltern fragen sich irgendwann, wie sie zweifach aussergewöhnliche Kinder unterstützen können, ohne ständig zwischen Fördern und Beruhigen zu pendeln.
Die Wahrheit ist: Du kannst dein Kind weder nur „fördern“ noch einfach „schützen“. Beides gehört zusammen. Zweifach aussergewöhnliche Kinder brauchen Räume, in denen sie wachsen dürfen – und Menschen, die verstehen, warum sie an manchen Stellen mehr Halt brauchen als Gleichaltrige. Es geht nicht darum, alles sofort zu lösen. Es geht darum, dein Kind einzuordnen, damit es sich selbst nicht als „zu viel“ oder „nicht genug“ erlebt.
In diesem Artikel bekommst du Schritt für Schritt Impulse dazu, wie du zweifach aussergewöhnliche Kinder unterstützen kannst:
✅ Wie du Überforderung und Unterforderung erkennst
✅ Wie du Stärken förderst, ohne Druck aufzubauen
✅ Wie du mit Gefühlen, Frust und Rückzug umgehen kannst
✅ Wie Zusammenarbeit mit Schule leichter wird
✅ Was du als Elternteil brauchst, um das auf Dauer durchzuhalten
Die richtige Balance finden
Zweifach aussergewöhnliche Kinder leben ständig in einem Spannungsfeld. Einerseits fordern sie geistige Anreize, weil sie schnell denken und komplexe Zusammenhänge intuitiv begreifen. Andererseits brauchen sie Struktur, Sicherheit und emotionale Unterstützung, um mit Reizüberflutung, Druck oder innerer Unruhe umzugehen.
Viele Eltern neigen dazu, entweder zu viel oder zu wenig zu fordern. Wird das Kind ständig angetrieben, fühlt es sich überfordert und zieht sich zurück. Wird es hingegen zu stark geschützt, verliert es Motivation und Neugier.
Balance bedeutet, beides gleichzeitig im Blick zu behalten: die Begabung und die Hürden. Ein sicherer Rahmen, verlässliche Routinen und emotionale Nähe schaffen die Grundlage dafür, dass dein Kind Herausforderungen überhaupt annehmen kann. Erst wenn es sich verstanden fühlt, kann es sich trauen, über sich hinauszuwachsen.
Stärken erkennen und gezielt fördern
Viele Eltern spüren intuitiv, dass in ihrem Kind ein enormes Potenzial steckt – und trotzdem wissen sie oft nicht, wie sie es entfalten können, ohne zusätzlichen Druck aufzubauen. Um zweifach aussergewöhnliche Kinder zu unterstützen, ist es entscheidend, ihre Stärken bewusst wahrzunehmen und zu nähren, anstatt sie ausschliesslich an schulischen Leistungen zu messen.
Stärken zeigen sich nicht immer in Noten. Sie zeigen sich in der Art, wie dein Kind denkt, forscht, baut, zeichnet, erzählt oder hinterfragt. Beobachte, wofür es brennt, auch wenn es nicht in den Lehrplan passt. Vielleicht interessiert es sich für komplexe Themen wie Astronomie oder Psychologie, bastelt an eigenen Ideen oder erfindet Geschichten mit Tiefgang. Diese Interessen sind wertvolle Hinweise auf seine individuellen Begabungen.
Unterstütze dein Kind, indem du ihm Freiräume gibst, in denen es selbstbestimmt lernen kann. Kleine Projekte, Experimente oder kreative Aufgaben fördern Selbstvertrauen und Ausdauer. Wichtig ist, dass Förderung nicht mit Leistungssteigerung verwechselt wird. Es geht nicht darum, „mehr zu leisten“, sondern die natürliche Freude am Denken zu bewahren. Wenn ein Kind erlebt, dass seine Neugier willkommen ist, wächst es über sich hinaus. Und lernt gleichzeitig, sich selbst zu vertrauen.
Herausforderungen annehmen und gezielt unterstützen
Wer zweifach außergewöhnliche Kinder unterstützen möchte, muss nicht nur ihre Stärken im Blick haben, sondern auch ihre Schwierigkeiten ernst nehmen. Diese Kinder erleben die Welt intensiver – sie denken schneller, fühlen stärker und reagieren empfindlicher auf Reize oder Ungerechtigkeit. Ihre emotionale und sensorische Empfindsamkeit kann dazu führen, dass sie schneller erschöpft oder frustriert sind, besonders dann, wenn sie sich unverstanden fühlen.
Wichtig ist, Herausforderungen nicht als Schwächen zu betrachten, sondern als Teil ihrer besonderen Entwicklungsstruktur. Viele 2e-Kinder kämpfen mit Aufmerksamkeitsproblemen, Reizüberflutung, Perfektionismus oder Schwierigkeiten beim Übergang von einer Aufgabe zur nächsten. Anstatt diese Bereiche zu „trainieren“, hilft es mehr, ihnen Strategien anzubieten: kurze Pausen, klare Routinen, kleine Zwischenschritte und die Erlaubnis, sich auch mal zurückzuziehen.
Wenn ein Kind weiss, dass es seine Schwierigkeiten zeigen darf, ohne Angst vor Bewertung zu haben, entsteht Vertrauen. Dieses Vertrauen ist die Grundlage für Entwicklung.
Manchmal bedeutet Unterstützung auch, Hilfe von aussen zu holen, etwa durch Ergotherapie, Lerncoaching oder psychologische Beratung. Das Ziel ist nicht, das Kind anzupassen, sondern ihm zu helfen, mit seiner eigenen Art zu leben. Verständnis, Struktur und Mitgefühl sind hier die besten Werkzeuge, um zweifach außergewöhnliche Kinder nachhaltig zu stärken.
Anders Normal
Erkennen, begleiten, fördern
Dein Kind ist nicht schwierig, es ist nur anders!
„Anders Normal“ ist der erste deutschsprachige Praxisleitfaden für Eltern von zweifach besonderen Kindern – Kindern, die gleichzeitig hochbegabt und neurodivergent sind, etwa mit ADHS, Autismus oder einer Lernstörung.
Das Buch zeigt dir Schritt für Schritt,
wie du erkennst, was Twice Exceptionality (2e) wirklich bedeutet,
wie du Diagnostik und Gespräche mit Lehrkräften souverän führst,
und wie du dein Kind im Alltag, in Schule und Familie stärken kannst.
Mit verständlichem Fachwissen, echten Fallbeispielen und klaren Strategien bekommst du einen Werkzeugkoffer, um das Potenzial deines Kindes zu entfalten – ohne Druck, aber mit Struktur, Herz und Klarheit.
„Anders Normal“ ist kein theoretisches Fachbuch, sondern eine liebevolle Orientierungshilfe für Eltern, die endlich verstehen wollen, warum ihr außergewöhnliches Kind nicht in gewöhnliche Schubladen passt.
Zusammenarbeit mit Schule und Fachkräften
Ein wichtiger Schritt, um zweifach außergewöhnliche Kinder zu unterstützen, ist eine offene und wertschätzende Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrkräften und Fachpersonen. Kein Kind kann sich optimal entwickeln, wenn seine Umgebung widersprüchliche Erwartungen hat. Deshalb ist es entscheidend, dass alle Beteiligten dieselbe Sprache sprechen und verstehen, was „zweifach außergewöhnlich“ in der Praxis bedeutet.
Eltern bringen meist ein sehr genaues Bild ihres Kindes mit: Sie erleben, wann es überfordert ist, wo es glänzt, und in welchen Situationen es besonders sensibel reagiert. Lehrkräfte sehen dagegen, wie sich das Kind im sozialen und schulischen Kontext verhält.
Wenn beide Perspektiven zusammenkommen, entsteht ein vollständigeres Bild. Es hilft, Beobachtungen zu teilen, ohne Vorwürfe oder Rechtfertigungen. Statt „Mein Kind wird nicht verstanden“ kann der Satz „Ich beobachte, dass es sich in bestimmten Situationen schwer tut“ Türen öffnen.
Auch Diagnostiker:innen und Therapeut:innen können eine wertvolle Rolle spielen, aber nur, wenn sie Erfahrung mit 2e-Kindern haben. Standardisierte Tests reichen oft nicht aus, um ihre Stärken und Herausforderungen abzubilden. Eine gute Zusammenarbeit heisst, Wissen zu teilen, statt Zuständigkeiten abzugeben. So kann Schule zu einem Ort werden, an dem sich Begabung und Unterstützung nicht ausschließen, sondern ergänzen.
Elternperspektive: Haltung, Geduld und Selbstfürsorge
Eltern zu sein, ist immer herausfordernd, Eltern eines 2e-Kindes zu sein, ist oft eine Dauerbalance zwischen Hoffnung, Sorgen und Erschöpfung. Um zweifach außergewöhnliche Kinder zu unterstützen, braucht es nicht nur Wissen, sondern auch innere Stärke. Denn wer ständig zwischen Schulgesprächen, Emotionen und Alltag vermittelt, kann leicht an seine Grenzen kommen.
Der wichtigste Schritt ist, die eigene Haltung zu reflektieren. Viele Eltern haben das Gefühl, ihr Kind müsse „richtig funktionieren“, damit Schule oder Umfeld zufrieden sind. Doch dein Kind ist nicht falsch, weil es anders reagiert oder denkt. Es ist außergewöhnlich, im besten Sinn. Wenn du lernst, die Andersartigkeit deines Kindes als Stärke zu sehen, verändert sich euer ganzes System. Druck und Vergleich weichen Akzeptanz und Gelassenheit.
Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern Voraussetzung, um langfristig stabil zu bleiben. Nimm dir bewusst Zeit für dich, auch wenn es nur kleine Momente sind. Such dir Austausch mit anderen Eltern, die ähnliche Erfahrungen machen, das schafft Verständnis und entlastet. Kinder spüren, wenn Erwachsene ruhig und klar bleiben. Deine Stabilität ist ihr sicherer Anker. Und sie zeigt deinem Kind: Es darf so sein, wie es ist, mit allem, was dazugehört.
Zweifach außergewöhnliche Kinder unterstützen
Wer zweifach außergewöhnliche Kinder unterstützen will, braucht mehr als gute Ratschläge. Es braucht Verständnis, Geduld und die Bereitschaft, Widersprüche auszuhalten. Diese Kinder fordern heraus, weil sie gleichzeitig stark und verletzlich, klug und chaotisch, selbstständig und sensibel sind. Doch genau in dieser Kombination liegt ihr Potenzial.
Unterstützung bedeutet nicht, jedes Problem zu lösen oder jedes Talent auszubauen. Es bedeutet, da zu sein, zuzuhören und den Raum zu schaffen, in dem Entwicklung möglich wird. Wenn Erwachsene aufhören, Defizite zu suchen, und stattdessen anfangen, Muster zu verstehen, verändern sich Beziehungen. Aus Druck wird Vertrauen, aus Anpassung wird Wachstum.
Zweifach außergewöhnliche Kinder brauchen Menschen, die sie sehen, mit allem, was sie sind. Wenn das gelingt, entsteht etwas, das keine Diagnose und kein Förderplan ersetzen kann: ein echtes Gefühl von Sicherheit. Und genau dort beginnt Lernen, Entwicklung und Selbstvertrauen.
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